Wie bei anderen kompetitiven Sportarten sehen sich Sportler beim Tontaubenschießen in der Wettkampfsituation mit einem nicht unerheblichen psychischen Druck konfrontiert. Vor den Augen von Konkurrenten und Zuschauern genau so sicher zu treffen wie in der entspannten Trainingssituation ist teilweise eine Typfrage, zum anderen Teil jedoch auch trainierbar.
Mit Hilfe von mentalem Training können Flintenschützen auch außerhalb des Schießstandes ihre Bewegungsausführung trainieren und gleichzeitig Strategien für den Umgang mit den Belastungen einer Wettkampfsituation entwickeln.
Definition: Mentales Training
Als mentales Training werden im sportwissenschaftlichen Kontext psychologische Methoden zur Optimierung der Bewegungsausführung bezeichnet. Dies soll durch eine strukturierte und konzentrierte Imagination der zu trainierenden Bewegungsabfolge erreicht werden. Das mentale Training wird dementsprechend auch treffend als „inneres Probehandeln“ bezeichnet.
Wirkungsweise des mentalen Trainings
Durch eine intensive gedankliche Auseinandersetzung mit dem Bewegungsablauf werden die entsprechenden Muskelgruppen auch ohne praktische Ausführung angesprochen. Dadurch lassen sich sowohl Verbesserungen der Bewegungsabfolge als auch die Selbstmotivation trainieren. Wichtig dabei ist, dass die imaginierten Bewegungsabläufe regelmäßig mit den realen motorischen Aktionen abgeglichen werden, damit ein konsistentes Bild der Bewegung entstehen kann.
Die gleiche Wirkungsweise findet sich beispielsweise auch in der Rehabilitation wieder. Schlaganfallpatienten können durch die Vorstellung von Bewegungen in einem gelähmten Körperteil nachweisbare motorische Verbesserungen erzielen.
Ziele des mentalen Trainings
Der Sportwissenschaftler Prof. Eberspächer beschreibt die Ziele des mentalen Trainings wie folgt:
- Optimierung des Eigenzustands und der Motivation
- Entwicklung und Stabilisierung von Handlungsmustern
- Erarbeiten von Handlungsstrategien
Mentales Training soll also neben der Verbesserung der motorischen Leistung auch die psychischen Ressourcen des Sportlers stärken.
Weiterhin werden in der Regel folgende Ziele beschrieben
- Beschleunigtes Lernen von Bewegungsmustern
- Präzisierung von Bewegungen und Erkennen von Fehlerquellen
- Stabilisieren der Bewegungsmuster beispielsweise für erhöhte Wettkampfkonzentration
Verschiedene Arten mentalen Trainings
In der Sportwissenschaft werden in der Regel drei Arten des mentalen Trainings unterschieden:
Subvokales Training
Der Bewegungsablauf wird über ein positiv formuliertes Selbstgespräch trainiert – das heißt der Sportler sagt sich die entsprechenden Ausführungen selbst vor. Dabei soll neben der eigentlichen Technik auch die Wettkampfsituation durchgespielt werden. Ein solches Selbstgespräch kann beim Wurfscheibensport beispielsweise den Ablauf vom Aufrufen durch den Schiedsrichter über die erforderlichen Handgriffe an der Waffe und den Anschlag bis hin zum Abrufen und Treffen der Wurfscheibe beinhalten. Die entsprechenden Bewegungen werden beim subvokalen Training nicht umgesetzt, der Sportler bespricht lediglich mit sich selbst den Bewegungsablauf.
Verdecktes Wahrnehmungstraining
Die richtige Bewegungsausführung wird vor dem inneren Auge betrachtet, als sähe man einen anderen Sportler in einem Film. Dabei werden keine eigenen Bewegungen ausgeführt, der Schütze bleibt in einer passiven Beobachterrolle und sieht der Ausführung des Bewegungsmusters zu.
Ideomotorisches Training
Anhand der motorischen Knotenpunkte der zu trainierenden Bewegung wird der Ablauf in der eigenen Vorstellung nachvollzogen. Dabei soll der Schütze konzentriert die einzelnen Teilabschnitte des Bewegungsmusters imaginieren, ohne diese praktisch auszuführen. Der Unterschied zur Außenperspektive des verdeckten Wahrnehmungstraining ist beim Ideomotorischen Training die Innenperspektive.
Stufen des mentalen Training
Die Durchführung des mentales Trainings sollte immer mit einem erfahrenen Trainer geschehen, damit keine suboptimalen Bewegungsmuster imaginiert werden. Die folgende Übersicht skizziert die Stufen des mentalen Trainings nach Eberspächer. Innerhalb dieser Stufen können die oben beschriebenen Methoden je nach Bedarf vom Trainer eingesetzt werden um eine möglichst präzise Vorstellung des Bewegungsmusters zu erlangen.
1. Instruktion
Der Sportler definiert mit Hilfe des Trainers die optimale Abfolge des Bewegungsmusters.
2. Entwicklung der Bewegungsvorschrift
Die Bewegungsabfolge wird in eigenen Worten beschrieben. Diese Grobform wird während des Trainings laufend angepasst und optimiert.
3. Bewegungsvorschrift auswendig lernen
Die fertige Bewegungsvorschrift wird verinnerlicht, bis der Sportler sie sich fehlerfrei aufsagen und vorstellen kann (Subvokales Training).
4. Knotenpunkte aufzeigen
Der Bewegungsablauf wird in Phasen gegliedert und die Knotenpunkte des Bewegungsablaufs werden hervorgehoben.
5. Codierung
Die herausgearbeiteten Knotenpunkte werden in einen sogenannten kinästhetisch-rhythmischen Kurzcode übersetzt. Das bedeutet, dass der Sportler für die einzelnen Bewegungsknotenpunkte passende akustische Signale verinnerlicht. Dabei soll das mentale Bewegungshandeln zeitlich mit einer optimalen motorischen Ausführung übereinstimmen. Für diese Teilbewegungen können sowohl Worte als auch einzelne Silben verwendet werden. Beispiel: „Hoch“ (Anschlagen) – „Uuund“ (Flugbahn der Wurfscheibe aufnehmen & überholen) – „Da“ (Schuss)
Weitere Informationen zum Thema mentales Training
Für weitere Informationen zum mentalen Training empfehlen wir das folgende Interview mit Prof. Dr. Hans Eberspächer.
Ein sehr interessanter Art. über das mentale Training. In vielen sportlichen Disziplinen seit langer Zeit üblich; im Wurfscheibensport erst recht spät erkannt.
Ist es OK wenn ich diesen Art. in meinem forum einstelle ?
MfG
Fritz
Hallo Fritz,
vielen Dank für Deine Rückmeldung! Gerne kannst Du in Deinem Forum auf unseren Artikel verlinken.
Beste Grüße & Gut Schuss,
Jens
Ich finde es super, wie solche Wahrnehmungsschulungen Menschen bei der Rehabilitation helfen können. Mein Cousin hat vor einigen Jahren einen Autounfall erlebt und sich wirklich mit viel Mühe und Mut wieder zurück ins Leben gekämpft. Eine Wirbelsäulenaufnahme nach dem Vorfall sah nicht gut aus, aber er hat es jedem gezeigt. Ich wünsche allen Leuten, die durch so eine Rehabilitation durchmüssen viel Kraft!